Bei den Daten zählt nicht das Haben, sondern das Nutzen wie Thouvenin et al. (2019) feststellen. Dies erfordert ein Umdenken bei allen Beteiligten. Nicht der einzelne Akteur und sein Datenschatz stehen im Fokus, sondern vielmehr das «Teilen» bzw. der gezielte Datenaustausch und die nachhaltige, bewusste Weiterverwendung von Daten. Die zentralen Fragen lauten: Wer soll Zugang zu welchen Daten haben? Wie soll dieser Zugang ausgestaltet sein? Und wofür sollen die Daten genutzt werden?

Unterschiedliche Interessen und Einstellungen

Dass sich bei der Nutzung von Daten Spannungsfelder auftun, ist bekannt. Einerseits geht es darum, die digitale Integrität der Datensubjekte, das heisst der Lernenden, der Lehrperson wie auch der Schule zu bewahren. Andererseits sind innovative Lösungsansätze, welche den individuellen und systemischen Bildungserfolg zu verbessern versprechen, zunehmend auf Daten angewiesen. Da treffen ganz unterschiedliche – oftmals auch kontroverse – individuelle und kollektive Interessen und Bedürfnisse aufeinander. Wobei auch innerhalb einer Berufsgruppe wie den Lehrpersonen unterschiedliche Einstellungen vertreten sein können. Wem oder was soll der Vorrang gegeben werden: dem Einzelnen oder dem Gemeinwohl? Den kommerziellen oder den pädagogischen Interessen? Dem Mensch oder der Technik? Dem Schutz oder dem Nutzen? Den Innovationsfreudigen oder den Systemgebundenen?

Systematische Projektgewinnung

Eine Datennutzungspolitik kann nicht top-down entwickelt werden. Es gilt die betroffenen Anspruchsgruppen und ihre  Anliegen miteinzubeziehen. Das seit Juli laufende Programm für Datennutzungsprojekte soll helfen die verschiedenen Perspektiven einzufangen und Spannungsfelder gezielt auszuleuchten. Um allen Anspruchsgruppen und ihren Bedürfnissen Rechnung zu tragen und die zentralen Herausforderungen im Umgang mit Daten im Bildungssystem identifizieren und analysieren zu können, betreibt Educa zurzeit systematische Projektgewinnung. Ziel ist eine ausgewogene Verteilung an Projekten aus der Verwaltung, der Forschung, der Schulpraxis und von den Dienstleistungsanbietenden sicherzustellen, die für das System relevante Erkenntnisse liefern.

Grosses Interesse

Viele Akteure  wollen die Gelegenheit zur Mitgestaltung nutzen und zeigen grosses Interesse am Programm. Erste Projekte wurden bereits eingereicht. An ihnen ist es nun die scheinbaren Dichotomien «Schutz und Nutzen» oder «kommerzielle und pädagogische Interessen» aus ihrer Perspektive genauer zu beleuchten und Ausgestaltungsmöglichkeiten von Zugangs- und Nutzungsrechten auszuloten. Aufgabe des Programms wird es sein, die verschiedenen Perspektiven und Erkenntnisse der einzelnen Projekte zusammenzuführen und konkrete Massnahmenvorschläge für die zukünftige Datennutzungspolitik zu formulieren. Und wenn sich die scheinbaren Dichotomien mit der richtigen Governance aufheben lassen?

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